Berlin Marathon 2005
Erlebnisbericht von Percy

Bericht aus Berlin - 32. real.- Berlin Marathon 25.09.2005

Nachdem ich in den vergangenen Jahren drei mal Köln gelaufen war - zuletzt mit 4:02 Std. - fuhr ich nach Berlin mit dem Ziel: „Den Vierten unter vier Stunden!“. Um dieses Ziel einfacher zu erreichen, hatte ich mich bereits im Vorfeld via Online-Forum des BM mit einem sympathischen sub-4 Pacer des SCC Berlin mit dem Web-Namen Magic verabredet („Du erkennst mich an dem grossen gelben Pacer-Ballon und dem Bierfass auf dem Kopf. Bleib einfach an mir dran!“). Das stellte sich später als mein grösster Fehler heraus! Doch erst mal der Reihe nach:
Am frühen Sonntag morgen - Start war um 9 Uhr - ergossen sich aus den U-Bahnen buchstäblich tausende von Läuferinnen und Läufern in das Regierungsviertel am noch kühlen, aber sonnendurchfluteten Spreebogen und bereiteten sich im Parc fermé vor dem Kanzleramt auf ihren Lauf vor. Dank der grosszügiger Platzverhältnisse auf der Wiese vor dem Reichstag und dank perfekter Organisation (allein über achtzig LKWs für die Kleidersäcke) kamen alle 40.000 (!) Läufer reibungslos in ihre Startblöcke auf dem Prachtboulevard Unter den Linden. Dort wurden Sie von Aerobictrainerinnen, die auf Bühnen standen zu fetziger Musik warmgeturnt. Tausende von Luftballons, die dann zum Start losgelassen wurden, wurden verteilt. Hubschrauber kreisten über den Alleebäumen in der Morgensonne. Es war ein herrliches Bild und die typisch freudig aufgeregte Stimmung vor dem Start eines Marathon. Auch hatte ich sofort „meinen“ Pacemaker gefunden. Alles schien perfekt!
Dann endlich das Rennen. Die Vierzigtausend wurden in drei Gruppen gestartet, was bedeutet, dass in jeder Gruppe etwa so viele Läufer waren, wie beim gesamten Kölnmarathon! Mein Pacer Magic lief genau das richtige Tempo: Zwischen 5:30 und 5:40 Minuten. ABER: Es gab ausser mir noch einige hundert weitere „sub-4-Aspiranten“. Will heissen: Entweder, man lief ganz ruhig vor sich hin, dann wurde man automatisch von dem Pulk der umgebenden Mitläufer zurück- und abgedrängt, fiel gegenüber dem gelben Ballon zurück. Oder man versuchte, an dem Ballon dranzubleiben, dann musste man beschleunigen, bremsen, ausweichen, trat und wurde getreten. Von der Strecke sah man bei all dem nichts, weil man viel zu sehr beschäftigt war, seine Knochen zu retten. Auch an den Verpflegungsstellen ging es ausgesprochen ruppig und rücksichtslos zu. Ich bin jedenfalls zu keiner Zeit in meinen Rhythmus gekommen.
Bereits nach 15 km merkte ich, dass ich - obgleich die Durchgangszeit einem normalen Trainingslauf entsprach -nicht so weitermachen konnte. Noch 27 km und 2 ½  Stunden vor mir und ich hatte jetzt schon keinen Bock mehr! So beschloss ich, vor den Pacer zu gehen und siehe da: Hier war himmlische Ruhe! So lief ich bis km 30 tatsächlich immer noch innerhalb meines Zeitlimits, aufgrund der am Anfang verpulverten Körner in Wahrheit aber schon über meinen Verhältnissen.
Dann, es waren inzwischen auch 25 Grad im Schatten, kam nicht der Mann mit dem Hammer, sondern irgend so ein  Kerl mit einer Abrissbirne! Das Grauen der letzten 12 km lässt sich nicht so einfach beschreiben, ist aber vielleicht aus Bild 1 erahnbar. Von der Strecke, den Zuschauern, den Bands, den Sehenswürdigkeiten bekam ich nichts mehr mit, es ging einfach nur noch darum, irgendwie anzukommen. Ich glaube, die letzten Kilometer habe ich fünfzigmeterweise absolviert.
Es war das absolute Grauen!
Am Schluss ging es wieder den Prunkboulevard hoch, durch das Brandenburger Tor und die letzten Meter durch ein grosses Zuschauerspalier. Das war natürlich wieder ein echter Gänsehautmoment und eine tolle Zielkulisse (Bild 2)! Die Endzeit (4:10:40 Std.) war mir egal, hatte ich doch zwischendrin ernsthaft erwogen, lieber in die nächste Eckkneipe abzubiegen!
Im Zielbereich gab es dann die obligatorischen Medaillen (Bild 3). Auch für den ganzen Zielbereich, Medaillenvergabe und Verpflegung im Zielbereich, muss man aber sagen: Wenn man sich da in Schlangen durch die pralle Sonne staut, die Kehle brennt und die Waden langsam zu krampfen anfangen, wünscht man sich, dass die Veranstalter doch ein paar Läufer weniger zugelassen hätten!
Fazit: Sicher war Berlin die Erfahrung wert, mir selbst war das Event aber einfach zu gross. Vielleicht knacke ich ja im nächsten Jahr die vier Stunden, mal sehen, wo ...
 

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